Einleitung

Wenn eine neue, bahnbrechende Technologie vorgestellt oder auf anderem Wege technologisches Neuland betreten wird, sind Fragen nach dem „Was geschieht, wenn ...?“ ebenso wie Vergleiche mit altbewährter Technologie an der Tagesordnung. Wir haben festgestellt, dass bei unseren Informationsveranstaltungen und Gesprächen mit Branchenkolleg*innen über drahtlose Mehrkanal-Audiosysteme (Wireless Multichannel Audio Systems, kurz WMAS) vor allem das Thema „Redundanz“ immer wieder zur Sprache kam.
 
Sennheisers Implementierung der WMAS-Technologie basiert auf einer zentralen Rack-Einheit für mehrere drahtlose Mikrofone und IEMs gleichzeitig – anstelle mehrerer einzelner Sender-Empfänger- und Empfänger-Sender-Verbindungen mit herkömmlicher Schmalbandtechnologie. Was geschieht, wenn diese Zentraleinheit ausfällt? Welche Redundanzoptionen bietet die WMAS-Implementierung von Sennheiser? Diese Fragen werden in dem vorliegenden Whitepaper beantwortet. Dazu werden verschiedene Betriebsszenarien beleuchtet und es wird erläutert, wie die WMAS-Implementierung von Sennheiser diese bewältigt. 
 
Die WMAS-Implementierung von Sennheiser: eine zentrale Rack-Einheit verwaltet mehrere drahtlose Mikrofone und IEMS gleichzeitig und im selben RF-Kanal

Redundancy

In our technology context, redundancy means the doubling of various subsystems to ideally ensure operation without interruption, even when one subsystem fails. Therefore, when considering redundancy, all subsystems are evaluated for their probability of failure, and a decision is made to duplicate them or not.
 
An obvious solution to avoid a single point of failure in a technical system is to duplicate the entire system. Examples in pro audio would be duplicate mixing consoles, or a console with dual redundant engines, for major televised live audio events, or duplicate equipment racks at a broadcasting facility. 
 
Redundancy in live audio: Two DiGiCo Quantum 5 consoles mirrored at the FOH position of the opera 'The Canal Ballad’ at the opening performance of the Beijing Performing Arts Centre in December 2023.  
(Image courtesy of Racpro) 
 
In the case of a wireless audio system this would mean building the entire wireless audio system twice, using different frequencies, separate power supply circuits, ideally generators, too, setting up the duplicate systems at some distance and so forth. However, from an economical point of view, this does not make sense for most practical applications.

Verschlüsselung

Die von Sennheiser entwickelte WMAS-Technologie ist verbindungsorientiert. Das bedeutet, dass ein mobiles Gerät, wie z. B. ein Mikrofonsender oder In-Ear-Empfänger, eine Verbindung zur zentralen Rack-Einheit herstellt. Diese erste Verbindung wird im Folgenden als Kopplung bezeichnet. Bei der Kopplung eines mobilen Geräts mit der Zentraleinheit wird ein Verschlüsselungscode ausgetauscht. Anschließend kann das Gerät über einen permanenten Fernsteuerungskanal innerhalb desselben bidirektionalen RF-Kanals (Hochfrequenz), der auch für die Audioübertragung verwendet wird, koordiniert werden. 
In der Folge kann kein zweiter Empfänger mehr genutzt werden, um dasselbe RF-Signal abzuhören – wie es heute oft aus Sicherheitsgründen getan wird. Allerdings ist anzumerken, dass diese Option auch für ältere Schmalband-Drahtlossysteme bald nicht mehr zur Verfügung stehen wird, denn ab 2025 wird in der EU eine regulatorische Anforderung zur Verschlüsselung personenbezogener Daten, darunter auch Audiodaten, durchgesetzt.
 

Redundanz-Szenarien mit Sennheisers WMAS-Technologie 

 
Werfen wir nun einen Blick auf verschiedene Fehlerszenarien und sehen uns an, wie sie mit der WMAS-Implementierung von Sennheiser bewältigt werden können. 
 

RF-Störungen

 
Szenario:
Es kann zu Störungen auf einer RF-Frequenz kommen, wenn zum Beispiel unkoordinierte Drahtlos-Audiosysteme ohne vorherige Prüfung der Frequenzverfügbarkeit eingeschaltet werden. Eine weitere mögliche Ursache: Nicht-Audiogeräte, die unerwünschte RF-Signale im TV-UHF-Frequenzbereich aussenden. 

Gegenmaßnahme:
Sennheisers Implementierung der WMAS-Technologie bietet eine permanente Scanfunktion, die sogar während des Betriebs genutzt werden kann. Alle WMAS-Geräte, ob mobile Geräte oder stationäre Antennen, überwachen und messen kontinuierlich das verwendete RF-Spektrum (verteilte Abtastung des Spektrums). Diese Daten werden dazu genutzt, erkannte Störungen an das Bedienpersonal zu melden und ihm zu helfen, dynamisch auf die Situation zu reagieren. Feldversuche haben gezeigt, dass WMAS in der Lage ist, ein paar Störer zu umgehen – dies gibt dem Bedienpersonal bei einer Live-Veranstaltung genügend Zeit, die Störquelle zu ermitteln und ausschalten zu lassen.
 
Wenn die Störung im zugewiesenen TV-Kanal enorm ist, also wenn mehrere Störer in diesem bestimmten RF-Kanal aktiv sind und der Betrieb möglicherweise nicht aufrechterhalten werden kann, kann der RF-Kanal innerhalb von Sekunden gewechselt werden. Mobile Geräte müssen dabei nicht neu gekoppelt werden. Sie leiten eine kurze Suche ein und erkennen dann den verlegten Träger. Dies führt zu einer kurzen Audiounterbrechung von wenigen Sekunden – vernachlässigbar, wenn man bedenkt, wie lange es dauern würde, mehrere Schmalbandempfänger und die dazugehörigen Sender neu zu programmieren. Alternativ kann, wenn die Kommunikation mit den mobilen Geräten noch bedingt möglich ist, ein Frequenzwechselbefehl über den permanenten Fernsteuerungskanal ausgegeben werden. Diese Vorgehensweise verkürzt die Dauer der Audiounterbrechung.
 
Links: Ein einzelner 200-kHz-Störer kann bei einer dichten Mehrkanal-Schmalbandbelegung bereits Schaden anrichten. Mindestens ein Audiokanal geht verloren; es wird ein Gerät auf einer Reservefrequenz benötigt. Bei mehr als einem Störer gehen mehrere Kanäle verloren.
Rechts: Derselbe Störer trifft auf eine WMAS-Belegung. Dank der Frequenzdiversität des Systems und der fortschrittlichen Signalverarbeitung ist das WMAS gegen diese Gleichkanalstörung gewappnet. Bei mehr als einem Störer kann das Bedienpersonal dank der verteilten Abtastung des Spektrums und der Fernsteuerung aller Geräte schnell fundierte Maßnahmen ergreifen.

Kabelbruch

 
Szenario:
In der Regel sind für Drahtlos-Audio jede Menge Kabel im Rack erforderlich. Neben den offensichtlichen Stromkabeln und den Kabeln für Remote-Antennen sind da noch Kabel für Audionetzwerke wie Dante oder für Verbindungen über MADI (Multichannel Audio Digital Interfaces). Jedes dieser Kabel kann beschädigt oder versehentlich abgezogen werden.
 
Gegenmaßnahme:
Bei Sennheisers Implementierung der WMAS-Technnologie können alle Audioanschlüsse redundant eingerichtet werden. 
 
Mehrere Antennen für denselben RF-Kanal erhöhen nicht nur die Reichweite, sondern könnten auch eine „verlorene“ Antenne kompensieren: Sollte sich ein Antennenkabel lösen, kann eine andere Antenne ohne hörbare Audioartefakte übernehmen, sofern sich die mobilen Geräte innerhalb ihrer Reichweite befinden. Das heißt: Sich überlappende Antennenbereiche sorgen für Redundanz. Auch wenn bei WMAS in vielen Fällen nur eine einzige Antenne für die Zentraleinheit benötigt wird, könnte das RF-Management also die Einrichtung einer zusätzlichen Antenne in Erwägung ziehen. 
 
Ein temporärer Verlust der Verbindung zwischen Steuerungsnetzwerk und Zentraleinheit würde keine Audiounterbrechung verursachen. Was die Stromversorgung betrifft, könnten separate Netzteile und Stromkabel eine Option darstellen. 
 

Ausfall des Steuer-PCs

 
Szenario:
Zur Konfiguration und Überwachung des Systems vor und während einer Produktion wird ein Laptop oder Desktop-Computer benötigt. Dieser PC könnte ausfallen.
 
Gegenmaßnahme:
Wie beim Kabelbruchszenario gilt: Die Technologie ist so ausgelegt, dass eine Produktion auch bei Ausfall des Steuer-PCs fortgesetzt werden kann. Die Person, die den PC bedient, kann einen Ersatzcomputer an die zentrale WMAS-Rack-Einheit anschließen und die Produktionsdaten auf einen neuen Steuer-PC hochladen. Dieser übernimmt alle Funktionen des ausgefallenen Geräts.
 

Defektes Mikrofon

 
Szenario:
Mobile Geräte können unter schwierigen Einsatzbedingungen auf der Bühne beschädigt werden. Lavaliermikrofonkapseln können durch Schweiß oder Make-up verstopfen.
 
Gegenmaßnahme:
Wie bereits bei herkömmlichen Schmalbandsystemen üblich, können Ersatzgeräte mit der Zentraleinheit gekoppelt werden und so als Ersatz für defekte mobile Geräte dienen.
 
Energiegeladene Bühnenshows können einem Mikrofon sehr viel abverlangen. Daher sind Ersatzgeräte weiterhin unerlässlich.

Ausfall der zentralen Rack-Einheit des WMAS

 
Szenario:
Was ist zu tun in dem unwahrscheinlichen Fall, dass eine Zentraleinheit ausfällt? Ein solcher Ausfall ist zwar sehr unwahrscheinlich, aber bei kritischen Anwendungen ist die Redundanz des Systems von entscheidender Bedeutung. 
 
Gegenmaßnahme:
Die Technologie ist so ausgelegt, dass eine zweite Zentraleinheit konfiguriert werden kann, die alle Verbindungen von der ersten übernehmen könnte. Wird eine solche implementiert, kann das Bedienpersonal vor einem hochkarätigen Event die Konfiguration der ersten Zentraleinheit vollständig auf die zweite kopieren. Dies bezieht sich auch auf den Verschlüsselungscode und alle Kopplungsinformationen. Sollte ein Wechsel auf die Reserve-Zentraleinheit erforderlich sein, kann diese den Betrieb von der ersten Einheit übernehmen. Wie unter „RF-Störungen“ beschrieben, müssen die mobilen Geräte dann eine neue Verbindung zu dieser zweiten Zentraleinheit herstellen, was zu einer Unterbrechung von ein paar Sekunden führt. Es ist jedoch keine erneute Kopplung oder Neukonfiguration erforderlich.
 

Fazit

 
Für Produkte, die auf der WMAS-Technologie von Sennheiser basieren, werden nach und nach Redundanzoptionen implementiert. Für viele typische Szenarien, in denen Redundanz erforderlich ist, bietet die Technologie eine Lösung, mit der der Betrieb ohne hörbare Unterbrechungen sichergestellt werden kann. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass ein RF-Kanal (mit einer Bandbreite von 6 oder 8 MHz) aufgrund von Störungen gar nicht mehr genutzt werden kann oder eine zentrale Rack-Einheit ausfällt, kann die Produktion nach einer kurzen Unterbrechung fortgesetzt werden. Wenn selbst eine kurze Unterbrechung nicht vertretbar ist, kann das drahtlose Audiosystem immer noch dupliziert werden; das ist bei WMAS wesentlich einfacher umzusetzen als mit heutigen Schmalbandsystemen, da anstelle eines Racks voller Mikrofonempfänger und In-Ear-Monitoring-Sender nur eine kompakte zentrale Rack-Einheit verwendet wird.